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Die Friesen bei Gustav Frenssen

Dr. Dietrich Stein sprach zum Ausklang des 13. Nordfriesischen Sommer-Instituts

BREDSTEDT (NfI).

Verbindungen zu Nordfriesland und Nordfriesen haben Gustav Frenssen sein Leben lang begleitet, so begann Pastor Dr. Dietrich Stein seinen Vortrag "Die Friesen bei Frenssen. Ein Dithmarscher Schriftsteller und Nordfriesland" im Nordfriisk Instituut in Bredstedt. Nachhaltige Eindrücke erhielt der aus Barlt in Dithmarschen stammende Frenssen, als er 1884 bis 1886 am Husumer Gymnasium die letzten Klassen bis zur Reifeprüfung absolvierte, so der Referent, der nach einem Studium der Theologie und der Kunstgeschichte sowie beruflichen Engagements in Florenz und Venedig seit 1980 in Dithmarschen, seit 1988 in Barlt als Pastor wirkt, er ist zudem Vorsitzender des Vereins für Dithmarscher Landeskunde.

Frenssen logierte in dem vormaligen Wohnhaus des Dichters Theodor Storm in der Wasserreihe, und zwar in dessen "Poetenstübchen". Zu seinen Schulkameraden gehörte unter anderen Ernst Graf Reventlow, der Sohn des Husumer Landrates und nachmalige nationalsozialistische Reichstagsabgeordnete. Er hatte "Freitisch", also regelmäßig ein freies Essen unter anderem bei der Familie des späteren bedeutenden Soziologen Ferdinand Tönnies.

Gustav Frenssen war ab 1890 Pastor in Dithmarschen. Schon bald begann er zu schreiben und zu veröffentlichen. 1901 gelang ihm mit dem Roman "Jörn Uhl" der Durchbruch. Er etablierte sich als freier Schriftsteller, viele seiner Bücher erlebten Massenauflagen. Frenssen erwies sich als ideologiesüchtig, das arbeitete Dietrich Stein heraus, dessen Forschungen eingeflossen sind in das von ihm 1997 mit herausgegebene Buch "Gustav Frenssen in seiner Zeit". Frenssen schwebte die Erziehung und die Züchtung eines reineren Menschen vor. Er sympathisierte zunächst mit dem sowjetischen Bolschewismus, in dessen Programmatik auch solche Gedanken enthalten waren. Anfang der 1930er Jahre schloss er sich dann aber dem radikalen Nationalsozialismus an. Die Friesen bezog er als "wackere Rasse" in seine Überlegungen mit ein. Er starb 1945.

In seinen Werken spielten nordfriesische Themen und Figuren immer wieder eine Rolle. Bereits im Jahre 1903 hatte er zum 300jährigen Stadtrechtsjubiläum von Husum ein Drama geschrieben "Das Heimatsfest", das aber - besonders in seiner überarbeiteten Fassung "Sönke Erichsen" - seine Unfähigkeit als Bühnenschriftsteller offenbarte. Bei dem Roman "Hilligenlei" ließ er sich für den Titel von dem schönen Warftnamen von der Hallig Langeneß inspirieren. Den Seemann Jan Guldt, den Helden seines Romans "Der Untergang der Anna Hollmann" lässt er in der Keitumer Kirche über Gott meditieren, der die Menschen verlassen habe. In der Erzählung "Die Witwe von Husum" kleidet Frenssen die Sage von der Frau, die ihr Haus anzündet, um die auf dem Eis tanzenden Husumer vor dem nahenden Sturm zu warnen, in eine Rahmenhandlung, die seine Ablehnung der bürgerlichen Gesellschaft veranschaulicht. Ein Sylter Verwandter, Hans Nicolai Frenssen, ist die Hauptfigur in der Erzählung "Der Landvogt von Sylt". In seinem letzten, nicht mehr veröffentlichten Werk "Kandidat Ohland" wählt er ein nordfriesisches Dorf als Wirkungsstätte des gescheiterten Theologiestudenten Lars Ohland, der in naiver Gläubigkeit das Reich Gottes predigt und an der Bosheit der Welt zerbricht. Vom Christentum und von den Fragen seines ursprünglichen Predigerberufes habe Frenssen, so Pastor Stein abschließend, sich nie wirklich lösen können.

Nordfriisk Instituut, 4. September 2003 - Text: Fiete Pingel


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