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Biikebrennen

Hell lodern die Biiken auf den Inseln und auf dem Festland


Das Biiken - Ursprung, Bedeutung und Wandlung eines Opferfestes

Von Corinna Hübener

Hell lodern die Flammen am Abend des 21. Februars wieder auf, und mit markiger Stimme wird verkündet "Tjen de Biike ön!" (Zünde die Biike an!). Viele Mythen und Bräuche runden sich um dieses Feuerritual der alten Sylter, einer quellenkritischen Untersuchung zum Ursprung dieses Festes halten sie jedoch nicht stand. Jede Generation vereinnahmte das Biikefeuer für sich und interpretierte es neu.

Biike in den historischen Quellen

Einer der ersten, der die Biiken erwähnt ist Erasmus Fangel (Pastor in Keitum von 1785-1833). Er berichtet im Jahr 1809: "Auf dem Tipkenhoog werden am Abend vor dem Petritage die Biiken abgebrannt, das heißt, eine Teertonne und eine Menge Strohbunde, wobei die Jugend des Dorfes um die Feuer herumtanzte und zuweilen ein Lied anstimmte, daß sich auf die Verbrennung der Hexen bezog."

Der deutsche Pastor war des Sölring nicht mächtig, so hörte er aus Wikke und Wedke das englische Wort für Hexe heraus. Hexen werden auf Sylt aber Trööler genannt. Die Sylter mußten noch einige Jahrzehnte warten, bis sich der Keitumer Lehrer und Chronist Christian Peter Hansen (1803-1879) berufen fühlte, die alten Überlieferungen zu sammeln und der Nachwelt zu erhalten.

Aber bereits 1846 veröffentlichte der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl (1808-1878) seinen Bericht über die Biiken auf Sylt. Auf den "heiligen Hügeln", den "wednshooger" "zündeten die Leute noch im vorigen Jahrhundert an gewissen Festtagen große Feuer (Biiken genannt) an, und Weiber und Männer tanzten durcheinander um sie herum. Bei diesem Tanze pflegten sie auszurufen: "Wedke teare! Wedke teare!" (Wodan zehre!). Ehemals mochten sie ihren Gott damit bitten, ihr Opfer freundlich anzunehmen; jetzt mag es nur noch eine hohle Phrase und ein bloßer Ausruf sein, der nur für Alterthumsforscher Bedeutung hat."

Der Keitumer Kapitän Jens Booysen erwähnt die Biiken in seiner "Beschreibung der Insel Sylt" (1828) nicht einmal, sondern lediglich den Petritag: "Sonst hat man hier keine öffentliche Lustbarkeiten als blos am Petritage, da sehr viele junge Leute sich, insonderheit in Keitum versammeln und tanzen." An diesem Tage wurden, einer "alten Gewohnheit zufolge" sehr viele Kuchen verzehrt und an die Kinder verteilt.

Christian Peter Hansen - der Grimm von Sylt

Was die Brüder Grimm für ganz Deutschland waren, das war der Keitumer Lehrer Hansen für Sylt. Germanist, Chronist, Märchensammler und Bewahrer alter Traditionen. Er gibt uns in seinem Buch "Der Sylter Friese" eine anschauliche Schilderung des Sylter Petritages, dem Hauptfeiertag der Sylter. Es soll sich dabei einst um den Wotanstag gehandelt haben, der im Zuge der christlichen Missionierung umgewandelt wurde in das Fest Petristuhlfeier, dem Papst zu Ehren. Aber, wie C. P. Hansen lebhaft schildert, die alten Sylter dachten dabei weder an den Apostel Petrus noch an Wotan oder gar an den Papst! Durch seine Schilderungen von den Opferhügeln und den Opferfesten gewann das Biikebrennen erst ab Ende des 19. Jahrhunderts wieder an Bedeutung. Er selbst als auch bereits sein Vater (Jap Peter Hansen) bezeichneten die Biiken stets als "Strohhaufen", als großes Feuer. "En Jöl' ön Kaglaun üs en Biiken" (Ein Feuer im Kachelofen wie ein Strohhaufen, aus: "Der Geizhals vom Sylter Petritag", 1809). "Biiken" gab es auch in den Dünen und am Strand. Dort standen Baken, an denen Heidesoden befestigt waren, im Notfall konnten diese entzündet werden. Sie hatten jedoch nichts mit den Biiken als Opferfeuer zu tun.

Opferhügel und Opferfeste

Geopfert wurden Tiere auf Steinaltären. Wann die Feuerrituale ins Leben gerufen wurden, weiß niemand. Bis 1939 diente der Tinnumer Wednshoog noch als Biikenhügel, in Keitum war es bis Ende des 17. Jahrhunderts der Winjhoog nordwestlich des Dorfes, ab dann bis in die 1990er Jahre hinein der östlich gelegene Tipkenhoog. Der Hauptopferplatz der Sylter soll sich jedoch in Archsum befunden haben. Bis heute heißt die Flur "Helligenört" (Heiliger Platz). "Der Helligenört ist noch bekannt als Hauptopferplatz der heidnischen Sylterfriesen aus alter Zeit; aber die Morsumer und Archsumer der neuen Zeit pflegten noch lange dort am Abende vor dem Petrifeste den 22. Februar ein Opfer- oder Biekenfeuer zu brennen alljährlich." (C. P. Hansen, 1860)

Relikt aus der Zeit der Wikinger

Archsum war eine bedeutende wikingerzeitliche Siedlung, ebenso wie Tinnum. Ausgrabungen haben dies bestätigt. Die Wikinger verehrten Wotan, Thor und Freya. Es ist eine Besonderheit, dass sich die Verehrung dieser hohen Wesenhaften noch lange auf Sylt gehalten hat, auch wenn viele Menschen heute davon nichts mehr wissen wollen. Aber vielleicht ist es ja höchste Zeit, in frostiger Kälte, am Feuer stehend, einmal an diese hohen Wesenhaften zu denken Sie wurden irrtümlich als Teufel und Dämonen von der Kirche verdammt, und Kriege wurden geführt, um die Menschen des Nordens von ihrer Anhänglichkeit an diese "falschen Götzen" abzubringen. Zu recht? Offenbarungen berichten davon, dass es sich um Gottesdiener, um die Führer der Elemente und der Wesenhaften handelt. Die Wikinger sahen in Ihnen verehrungswürdige Wesen, von deren Wohlwollen ihre Kriegszüge, ihr Handel, ihr Gedeihen und das Wetter abhingen. Für sie war die Natur belebt von schaffenden Wesen. Das soll nun nicht heißen, dass wir wieder Opferfeste feiern sollten. Aber wenn wir von Traditionen sprechen, dann sollten wir bei der Wahrheit bleiben. Vielleicht hat sie uns ja was zu sagen...


Die Autorin Corinna Hübener, Jahrgang 1962, ist gebürtige Sylterin aus alter Familie. Bei ihr zuhause wird noch Sölring gesprochen. Sie hat zehn Jahre lang den Vortrag "Sylt im Altertum" gehalten, zahlreiche Bücher veröffentlicht und arbeitet seit 2018 als Gästeführerin in Keitum. Es ist ihr ein Herzensanliegen, daß endlich Schluß mit all den falschen Mythen und Bräuchen rund um das Biikebrennen sein wird.

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Der Beitrag "Das Biiken - Ursprung, Bedeutung und Wandlung eines Opferfestes" erschien zuerst im Magazin und Veranstaltungskalender "Dein Sylt", Heft 4, Biike 2025

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